Dienstag, 10. August 2010

Einen Lehrer kaufen?

Statt eines Kommentars möchte ich das von Johannes im letzten Post verwendete Bild vom Unternehmen Schule noch einmal beleuchten. Ein Schulleiter ist kein Unternehmensleiter, sondern vielleicht Leiter einer Abteilung. Lehrer sind Landesbeamte mit entsprechenden Pflichten und vor allem Rechten. Deshalb wird eine Unternehmensleitung (= Landesregierung) auch nie alle Verantwortung aus den Händen geben.

Wie ich dem Aufruf des Jena'schen Fördervereins entnehme, hat der betreffende Lehrer die Einstellung im vergangenen Jahr abgelehnt, deshalb ist er auf der Prioritätenliste abgerutscht. Welches private Unternehmen würde jemanden einstellen, der sich weigert, die übliche Klausel zu unterschreiben, mit der die Unternehmensleitung sich ein Recht auf Versetzung sichert?

Ich kenne die Verhältnisse in Thüringen nicht, aber ich denke, dass der Fall so in NRW nicht passiert wäre. Weiter im Bild: In welchem Unternehmen können Abteilungsleitung (Schuldirektor), Belegschaft (Kollegium) und Kunden (Eltern und Schüler) gleichberechtigt mitentscheiden, wer eine freie Stelle bekommt? In NRW werden freie Lehrerstellen fast nur noch über die von der Regierung Steinbrück eingeführten "schulscharfen Ausschreibungen" besetzt. Dass ein Bewerber sich dabei dem Wettbewerb stellen muss, ist doch in Ordnung. Und in welchem Unternehmen müssen Belegschaft und Kunden über die Besetzung einer Abteilungsleiterposition (=Schulleitung) entscheiden? Wohl nur in (staatlichen) Schulen.

Ich bin auch der Meinung, es ist nicht der richtige Weg, Verantwortung für schulisches Geschehen von einer zentralen Behörde zu einer lokalen zu verschieben. Die Gestaltung des Schulgeschehens gehört in die Hände der Betroffenen, also der Schulgemeinde. Zum Glück für NRW wird dieser Weg hier schon lange verfolgt. Das gilt auch pädagogisch: Lehrpläne und Standards bestimmt das Land, das pädagogische Konzept die Schulkonferenz. Da hat ein Bürgermeister gar nichts zu suchen.

Einen Lehrer "kaufen" kann (und darf) man nicht. Um eine reguläre Lehrerstelle geht es in Jena wohl auch nicht. Wenn man das mal weiter spinnt: Welche bessere Möglichkeit gäbe es, um die soziale Schieflage unseres Schulsystems nicht nur zu zementieren, sondern sogar auf lokaler Ebene noch erheblich zu verstärken, wenn betuchte Fördervereine einfach Anwärter aus dem System rauskaufen? Da ist die (quantitative) Zuweisung knapper Ressourcen gerechter. Nebenbei: Aus den USA hört man, dass in manchen Gemeinden städtische Angestellte (also Lehrer und übrigens auch Polizisten) gefeuert werden, weil kein Geld da ist.

Samstag, 7. August 2010

Einen Lehrer kaufen

Ich stelle mir vor, ich leite ein Unternehmen, aber ich darf meine Mitarbeiter nicht selbst aussuchen, sondern bekomme sie von einer Zentrale geschickt. Nein, ich beneide Schulleiter nicht. Das ist genau ihre Situation - die Länder entscheiden, wer bei ihnen was und wie unterrichten darf. In Jena will man sich das nicht mehr gefallen lassen, die bekannte Jenaplan-Schule soll nach dem Willen des Bürgermeisters in freier Trägerschaft von der Kommune betrieben werden. "Charter School" heißt diese Schulform in den USA, davon gibt es offensichtlich auch schon welche in Deutschland.
Klar, dass sich das Land windet...

Worüber ich gestolpert bin, sind zwei Sätze in dem Artikel der Financial Times Deutschland: "Wir wollen gar nicht mehr Lehrer", sagt die zukünftige Schulleiterin, "wir wollen andere Lehrer." Gut nachvollziehbar. Und dann gibt es einen Förderverein, der Geld sammelt für die Aktion "Wir kaufen einen Lehrer" - um eben genau den Lehrer zu beschäftigen, den man haben möchte.
Na, wenn das Beispiel Schule macht... (aus: Marion Schmidt: Stadt, Land, Frust, Financial Times Deutschland vom 2.7.2010)