Samstag, 16. Februar 2013

Ernst des Lebens II

So schlimm war es wohl nicht. Na gut, in der Woche gab es schon einiges Murren und Knurren. Und manchen Hinweis, dass manche Klassenkameraden schon mittags nach Hause gehen konnten. Am Ende aber schob der Chef einen Fünfziger rüber - und der Sohn fragte, ob er in den Sommerferien für ein freiwilliges Praktikum wiederkehren dürfte. Noch ist nicht alles verloren.

Dienstag, 22. Januar 2013

Ernst des Lebens

Unser Sohn besucht ein Praktikum. In einem Schreinerbetrieb. Seit gestern. Jeden Morgen muss er um kurz nach sieben dorthin geliefert werden, im Moment bei Eis und Schnee. Die Praktikumsstelle hat er sich gewünscht und schon vor fast einem Jahr klargemacht. Er hat sogar alles darangesetzt, nicht sitzen zu bleiben und deshalb die Chance zum Praktikum zu verpassen.

Der erste Tag war wohl ganz o.K. (abgesehen davon, dass ich mich im Dunklen vor der Werkstatt festgefahren habe - das war sicherlich megapeinlich). Die Leute waren nett und er hat sogar fünf Euro Trinkgeld bekommen, weil er mitgeholfen hat, einer Oma ihr Bett zu reparieren. Heute war das Gesicht deutlich länger: Den ganzen Tag nur stehen und kaum sinnvolle Aufgaben. Der Blick ins Leben wird tiefer...

Samstag, 13. Oktober 2012

Zu individuell

Beitrag einer Mutter in der Zeit, der mir aus der Seele spricht. So erschütternd ich mitunter die Einstellung und Leistung von Lehrern finde - hier versteht man, wie Motivation zerstört wird: Den Kindern geht es gut, DIE ZEIT Nr. 35 vom 23.8.2012.

Montag, 16. April 2012

Keinen Bock

Lehrer, die die Tage bis zur ihrer Pensionierung zählen und dies den Schülern regelmäßig mitteilen. Lehrer, die offen äußern: "Heute hab ich keine Lust. Geht in die Mensa, wenn Ihr wollt."
Gibt es nicht? Offenbar doch...

Dienstag, 6. März 2012

Chuzpe

Biologie-Leistungskurs, wenige Wochen vor dem Abitur, zehn Minuten nach Beginn der Abi-Vorklausur:

"Ach, übrigens, ihr wisst ja: nächsten Freitag Exkursion. Die ist jetzt genehmigt."

Verwirrung, Schweigen, die mühsam gerafften Gedanken purzeln vom Tisch. Dann: "Wohin denn?"

"Neandertal"

"Und wie kommen wir dahin?"

"Ihr schafft das schon. Ihr seid doch alle 18?"

"Nee, nicht alle." (G8 lässt grüßen, völlig neu für den aufstrebenden Pädagogen J., mittlerweile unter Schülern dafür bekannt, dass er nach 60 Min. einer Doppelstunde bekennt, mit seinem Unterrichtsstoff eigentlich durch zu sein)

"Ja, wer denn nicht?" Drei Meldungen. - "Na dann schreiben Eure Eltern eben eine Bescheinigung."

"Worüber?"

"Na, halt irgendwas."

Da stockt mir der Atem. Nicht, weil ich ein besonders timider Erziehungsberechtigter bin. Sondern ob der Chuzpe und Ignoranz mit der hier die organisatorischen Aufgaben der Schule einfach an ihre Auftraggeber zurückdelegiert werden. In der Wirtschaft wäre hier der erste schwarze Reiter auf der Personalakte fällig - mit Fähnchen!

Übrigens: Das Neandertal ist ungefähr 36 Streckenkilometer von der Schule entfernt. Dazwischen liegt eine mittlere Großstadt, nämlich Düsseldorf, der Wechsel über mehrere Verkehrsbetriebe und vor allem eine bis Ostern gesperrte Autobahn, verkehrstechnische Schlagader des Rheinlandes - das macht dann aktuell 49 km. Wie soll da jemand unterhalb gefühlter drei Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln ans Ziel kommen? Nicht, dass ich mich scheue, meiner Tochter und einigen Klassenkameraden deshalb mein Auto anzuvertrauen, doch mich wurmt dieser unverfrorene Zugriff auf private Ressourcen schon - zumal der eher Regel denn Ausnahme ist.

Nachtrag:

Am nächsten Tag schleppt J. einen Ausdruck der Museumsseite an mit den richtigen Verkehrsverbindungen (darunter: per Flugzeug) - "Ihr könnt Euch ja aufschreiben, was ihr braucht."

Ich habe den Verdacht, die Leiterin des ebenfalls anreisenden Grundkurses hat ihm den Ausdruck in die Hand gedrückt...

Mein Entsetzen steigert sich.

Samstag, 25. Februar 2012

Die Pest

Ich liebe Schulbücher. Wer auch immer für sie verantwortlich ist, gehört mit seinen eigenen Texten vollgestopft, bis ihm schlecht wird. Ein beliebiges Zitat mag diesen "Ausbruch" begründen:

"Die meisten Ansätze Interkultureller Erziehung haben, bei aller Verschiedenheit in ihren jeweiligen Akzentuierungen und in ihrer unterschiedlichen Orientierung an verschiedenen Weltanschauungen und Paradigmen für die Konzeptualisierungen pädagogischen Handelns, einen gemeinsamen Kern: Interkulturelle Erziehung wird verstanden als die notwendige Antwort auf entstandene und dauerhaft bestehen bleibende Gesellschaft mit Zuwanderern aus anderen Kulturen sowie mit daraus entstehenden oder schon vorher existierenden ethnischen Minoritäten, d.h. als Antwort auf eine als dauerhaft zu akzeptierende multi-ethnische oder multikulturelle Gesellschaft." (Kursbuch Erziehungswissenschaft, Cornelsen S. 461)

Ich wünsche dem Autor die Pest auf den Hals...

Montag, 30. Januar 2012

Zensur

Ich finde, unser Grundgesetz ist eine lohnende Lektüre. Das meine ich nicht ironisch, sondern weil ich es wirklich für ein gelungenes Stück Literatur halte - vor allem im Vergleich zu fast allen anderen Gesetzen. In für jeden verständlicher Sprache stehen dort viele Sätze, die an Eindeutigkeit und Klarheit kaum zu überbieten sind. "Eine Zensur findet nicht statt" zum Beispiel. Oder: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei"*.

Denkste! sagt die KMK. Da wollte ein niederländischer (!) Forscher die frei zugänglichen Daten der Pisa-Studien auswerten. Darf er. Doch die Ergebnisse, nämlich etwa eine Tabelle zu den Leistungen von Kindern ohne Migrationshintergrund in den einzelnen Bundesländern und den Schweizer Kantonen darf er - strafbewehrt - nicht veröffentlichen, lese ich in heute in der Süddeutschen Zeitung. Da sei die KMK vor! Es könnte ja herauskommen, dass die schlechten Ergebnisse mancher Bundesländer nicht am hohen Migrationsanteil liegen. Und das könnte dem selbstverliebten Gerangel um die vorderen Plätze im Mittelklassebus der deutschen Bildung Abbruch tun.

"Ja, wo leben wir denn?" denkt man sofort. Die bisher furchtsame Reaktion der wissenschaftlichen Öffentlichkeit lässt Schlimmes befürchten. Selbst ein sonst um starke Worte nie verlegener Mann wie Ludger Wößmann hält dies nur für "einer offenen Gesellschaft nicht würdig". Da spürt man schon die Furcht, lukrative staatliche Aufträge zu gefährden.

Da würde ich deutlich weiter gehen. Ich will ehrenwerten Ministern nicht unterstellen, hier Druck ausgeübt zu haben (warum eigentlich nicht, frage ich mich gleichzeitig). Aber ich bin überzeugt, dass dem ausführenden beamteten Abteilungsleiter (der ja in Paragraphen lebt) bewusst sein muss, dass er mit seinem Handeln die Verfassung bricht. Vielleicht fände der Radikalenerlass von 1972, gälte er noch, hier eine Anwendung.

Alles in Allem ist das für mich wieder ein Beispiel dafür, dass die Zerstückelung der deutschen Schulbildung in Duodezfürstentümer nur Unheil schafft. Ich denke: Kommt endlich in der Wirklichkeit an und schafft die anachronistische Bildungshoheit der Länder ab! Ein dröhnender Seufzer der Erleichterung ginge durchs Land.

*Die Zitate aus dem Grundgesetz lassen sich im Zusammenhang übrigens nachlesen auf der Internetseite der KMK...