Donnerstag, 21. Juli 2011

Sitzenbleiben

Morgen gibt es in NRW Zeugnisse. Das heißt auch, dass wieder einige Schüler sitzenbleiben werden. In unserem Kreis sind es über alle Schulformen 3,4 Prozent (Wohlgemerkt: pro Jahr, d.h.: der Anteil derjenigen Schüler, denen irgendwann während ihrer Laufbahn gesagt wurde: "Du hast es nicht gepackt" muss um ein Vielfaches höher sein). Ist das alleine nicht beschämend?

Passend dazu fand ich heute in der ZEIT online einen Artikel von Anfang Juli über die Situation in Bayern. Ich habe mal die Daten meiner Heimatstadt mit denen einer etwa gleichgroßen bayerischen Stadt, nämlich Rosenheim, verglichen. Nun kann man Bayer sicherlich nicht mit NRW vergleichen, aber auffällig ist etwa: Wiederholerquote an Gymnasien hier: 1,7 Prozent, in Rosenheim: 4,5 Prozent!

In Bayern sagt man nicht "sitzenbleiben", sondern "durchfallen". Sitzenbleiben ist für mich etwas Statisches: Ich bleibe hier, während die Anderen weitergehen, dann kommen die nach uns, die mich wieder mitnehmen. Durchfallen ist das Gefühl, das demjenigen bevorsteht, der unter einem Galgen steht. Die Wirkung auf den Delinquenten, pardon: den Schüler, kann man so vielleicht nachvollziehen. Bei den online-Kommentaren zu diesem Artikel, von denen viele mich durch ihre bildungsbürgerliche Arroganz zu der Frage veranlassen "wo leben wir eigentlich?" ist meist nicht sehen, woher sie kommen. Ich fürchte nur, dass ein großer Teil unserer Bevölkerung das Sitzenbleiben als etwas völlig normales betrachtet - das war halt schon immer so.

Ist in Zeiten, wo die individuelle Förderung von Schülern mittlerweile auch Gesetzesrang hat das Versagen vor den Anforderungen der Schule wirklich ein Problem der Schüler? Ich kann mir nicht vorstellen, dass besonders viele Schüler nicht lernen wollen und ebenso wenig, dass besonders viele zu dumm sind. Bleibt die Schule, die einen Job zu erledigen hat, den sie offensichtlich zu einem beträchtlichen Anteil nicht erledigt.

Da hätte ich einen Vorschlag: Weiterführende Schulen werden verdonnert, mit ihren Lehrern einen Förderunterricht für versetzungsgefährdete Schüler zu organisieren, und zwar während der ersten beiden Wochen der Sommerferien. Vielleicht könnte man sogar nach den Zeugniskonferenzen beginnen, die merkwürdigerweise immer schon zwei Wochen vor Ende des Schuljahres stattfinden. Wäre mal interessant zu sehen, was aus einer solchen Maßnahme der betrieblichen Qualitätssicherung würde, die jeder Unternehmensmitarbeiter als völlig normal empfände.

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