Dienstag, 13. Dezember 2011

Demografie und Politik

Den Grundschulen im Lande geht es an den Kragen. In den vergangenen 10 Jahren ist die Zahl der I-Dötzchen um 140.000 oder um 17,3 % gesunken. Ein Grund zur Sorge für Gemeinden wie unsere, die aus vielen kleinen Dörfern bestehen. Denn zahlreiche Schulen rutschen schnell unter die Mindestbelegungszahl und drohen von der Bezirksregierung abgeschossen zu werden. Ein Weiterbetreiben der kleinen Standorte geht zu Lasten der größeren Einheiten.

Die Landesregierung will etwas daran ändern. Das ist zu begrüßen, zumal deren Vorgänger vor dem kommenden Problem eifrig und nachdrücklich die Augen verschlossen haben. (Kennen Sie die drei Affen? Der prominenteste von denen - der im Übrigen seinen Nachwuchs auf eine bekannte Privatschule hier am Ort geschickt hat - kommt aus der Nachbargemeinde). Dazu soll es drei Maßnahmen geben:

1. Kleine Grundschulen sollen gestärkt werden, sie bekommen ein Bestandsrecht vor allem dann, wenn sie die letzte Schule am Ort sind. Um die dörflichen Maibäume werden nun sicherlich Freudentänze aufgeführt.

2. Die Klassenfrequenz soll endlich gesenkt werden. Klassen unter 15 und über 29 Schüler sind künftig unzulässig. Damit wird eine Forderung erfüllt, die seit gefühlten 200 Jahren von Eltern vehement erhoben wird, obwohl ein pädagogischer Nutzen wissenschaftlich bisher nicht nachweisbar ist.

3. Das Problem wird in die Kommunen verschoben. Die Lösung ist ganz einfach: Die Zahl der hoffnungsfrohen Schulneulinge wird durch 23 geteilt, das ergibt die Zahl der erlaubten Klassen. Mehr ist nicht erlaubt. Die kommunalen Schulausschüsse sitzen jetzt vor dem Müllhaufen, der ihnen vor die Füsse gekippt wurde.

Dazu fallen mir zwei Dinge ein: Zum einen wird in den Schulämtern etwa in Dortmund, Essen oder Köln jetzt der Schampus aus dem Kühlschrank geholt, denn in Ballungsgebieten wird der Spagat zwischen kurzen Schulwegen und (wirtschaftlich) optimalen Klassengrößen leicht zu schaffen sein. In ländlichen Gebieten stellt sich schnell die Frage nach Bustransport oder privat organisiertem Schultourismus über etliche Kilometer.

Zum anderen ist die Lösung natürlich schön aus Sicht der Landesregierung. Dort redet man nur über 1.700 zusätzliche Lehrer, von denen (so ganz offen das Ministerium) viele Teil der natürlichen demografischen Rendite sind. Die Kommunen allerdings hängen (erneut) am Fliegenfänger. Denn um eine Schule zu betreiben, genügen Lehrer allein nicht. Man müsste vielleicht auch ein paar Euro in Heizung, Reinigung, Instandhaltung und Ausstattung der Schulgebäude stecken - auch wenn sie klein und schnuckelig sind. Aber das ist ja kein Problem der Landesregierung.

Übrigens, für diejenigen mit dem Kopf im Sand: Alles, was die Grundschulen ereilt, kommt spätenstens vier Jahre später bei den weiterführenden Schulen an. Das Thema wird uns also nicht loslassen, sondern drängender werden. Denn eine Grundschule für 100 Schüler zu schließen ist eine Sache, ein Gymnasium für 1000 Pennäler eine andere.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen